Ein Tag für die Zukunft

Berufswahltag 1 Berufswahltag 2

Pascal Ludwig schaut sich am Stand von Cargill eines der Fläschchen an. Der junge Mann will Maurer werden

Insgesamt 22 Unternehmen werben bei der Berufsmesse der Herderschule um die künftigen Schulabsolventen.

Fotos: Thomas Höfs

 

Berufsmesse für die siebten bis zehnten Klassen an der Herderschule in Calbe

Das Interesse an Schulabgängern ist groß. Das zeigt die Berufsmesse der Herderschule. Nur kleinere Unternehmen haben diesmal kein Personal für die Teilnahme.

Von Thomas Höfs

Calbe • Wie begehrt die künftigen Schulabgänger sind, lässt sich beim Tag der Berufe in der Herderschule in der Saalestadt gut besichtigen. In der unsanierten Sporthalle hinter dem Schulgebäude treiben die 22 Unternehmen allerhand Anstrengungen, um einen guten Eindruck bei den jungen Frauen und Männern zu hinterlassen. Riesige Plakatwände werden aufgebaut. Ein Stand wirkt mächtiger als der andere.
Neben den lokalen Branchengrößen, wie Doppstadt, der Kreissparkasse, dem Druckzentrum Cuno und dem Lebensmittelproduzenten Cargill gibt es auch einen Stand der Bundeswehr sowie der Bundespolizei.
Mussten noch vor einigen Jahren die Schüler die Unternehmen nach einer möglichen Lehrstelle abklappern, kommen die Unternehmen längst in die Schulen, wenn sie dürfen. Die demografische Entwicklung treibt die Unternehmen um. Alle sind bemüht, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Gleich am Eingang springen die Schüler der siebten bis zehnten Klassen die Werbebotschaften der Bundeswehr an. Ein Soldat in Tarnfleck wirbt zusammen mit einem zivilen Mitarbeiter um die Köpfe. Mit einem relativ hohen Anfangsgehalt kann die Truppe punkten. Außerdem können die jungen Leute dort eine Ausbildung machen. Etwas Sorgen macht der Bundeswehr inzwischen die konditionellen Fähigkeiten der Rekruten, erklären die beiden Werber. Deshalb werde der Dienst in den Kasernen umgestellt. Mehr Sport stehe auf dem Programm, um die junge Generation wieder fit zu machen.
Gleich dahinter stehen zwei Beamte der Bundespolizei. Zuständig für den Schutz von Bahnhöfen, Flugplätzen und Grenzen. Die beiden haben etwas Ausrüstung aus dem Polizeialltag mitgebracht. Schutzweste und -helm können probiert werden. Einige Schüler erkundigen sich bei der Kollegin von Polizeioberkommissar Kevin Braese nach dem verlangten Notenschnitt in einigen Fächern. Für den Eintritt in die Bundespolizei reichen Haupt- oder ein Realschulabschluss aus, sagt er. Überdurchschnittliche Fähigkeiten verlange die Bundespolizei zudem nicht von den Bewerbern. Eine Drei in Deutsch reiche aus, bestätigt er seiner Kollegin auf Nachfrage einer Schülergruppe.
Nancy und Marko Heinze sind zu der Berufsmesse gekommen, obwohl sie in ihrem Betrieb nicht ausbilden. Das familiengeführte Bestattungsunternehmen wolle aber auf den Ausbildungsberuf aufmerksam machen, sagt Nancy Heinze.
Am Stand von Cargill vom Standort Barby fallen vor allem die kleinen Fläschchen auf, die auf dem Tisch aufgebaut sind. Der Konzern verarbeitet an der Elbe Weizen zu Grundstoffen der Lebensmittelindustrie. Das Unternehmen bildet jährlich sechs junge Leute zu Fachkräften für die Lebensmitteltechnik aus. Was sich so alles aus den Getreidekörnern machen lässt, zeigt sie anhand der Fläschchen. Interessant ist dabei vor allem die Stärke in den Getreidekörnern. Stärke ist nichts anderes, als Zucker, der in den Stärkemolekülen gebunden ist. Die Herausforderung bestehe darin, den Zucker wieder nutzbar zu machen. Mit chemischen und technischen Verfahren gelingt dies dem Unternehmen. Inzwischen produziert Cargill in Barby auch jede Menge Alkohol aus dem pflanzlichen Rohstoff. Das Produkt geht anschließend zu den Herstellern verschiedener Spirituosen.
Pascal Ludwig erkundigt sich am Stand des Unternehmens nach der beruflichen Perspektive. „Ich will Maurer werden", sagt er. Doch die Möglichkeiten bei Cargill erscheinen ihm ebenfalls interessant.
Beim Blick durch die Sporthalle über die Stände fällt auf, dass kaum kleine Unternehmen aus der Stadt und der Region vertreten sind. Saskia Franke, die Schulsozialarbeiterin der Herderschule und Organisatorin der Veranstaltung, kennt die Hintergründe. Viele kleine Unternehmen haben die Teilnahme abgesagt, erklärt sie, weil die Firmen kein Personal für die Besetzung des Termins haben. Das habe es in der Vergangenheit nicht gegeben, sagt sie. Es sei schade, wenn die kleinen Firmen nicht dabei seien.
Wochenlang hat sie mit den Schülern auf den Tag vorbereitet. Dabei legte sie den Fokus vor allem darauf, dass sich die Schüler trauen, auf die Firmen zuzugehen und Fragen zu stellen. Immer wieder stehen Schüler bei ihr, die sich dann doch nicht trauen, ihre Fragen oder Anliegen zu formulieren.
Doppstadt macht es den Schülern einfach. Die Firma hat Auszubildende an den Stand geschickt. Die jungen Leute wirken sympathisch und kommen schnell mit den Schülern ins Gespräch. Authentisch ist ihr Auftritt. Hier erfahren die Schüler aus erster Hand, wie es so sein kann, wenn ein junger Mensch eine Ausbildung in dem Unternehmen beginnt.
Einige Schüler haben auf ihrem Rundgang Klemmbretter auf dem Arm. Auf einem Zettel haben sie sich Fragen notiert, die sie den Unternehmen stellen wollen. Für viele Schüler sei es schon ein großer Schritt, mit den Unternehmen zu sprechen, weiß sie.
Die Berufsvorbereitung ist an den Sekundarschulen über viele Schuljahre für die Schüler ein Thema. Immer wieder befassen sie sich damit, um herauszufinden, was sie später einmal machen wollen. Der Tag der Berufe soll den Schülern zusätzliche Impulse geben. Hier kommen sie mit Unternehmen in Kontakt, die sie vorher noch nicht kannten und nicht wussten, was dort ausgebildet wird.
Gut überlegt sein will die Berufswahl. Wichtig ist vor allem zu wissen, welche Stärken und Schwächen jemand hat, sagt Saskia Franke. Danach könne dann im Ausschlussverfahren die spätere berufliche Entwicklung schon eingegrenzt werden. Praktische Erfahrungen haben die Schüler der oberen Klassenstufen bereits bei verschiedenen Unternehmen gesammelt. Hier lässt sich schnell herausfinden, ob das Unternehmen auch auf den zweiten Blick noch interessant ist, bestätigt Pascal Ludwig. Obwohl die Zahl der beteiligten Unternehmen bei der diesjährigen Veranstaltung gesunken war, ist das Interesse der Unternehmen an jungen Leuten groß. In einigen Branchen wird die Personalversorgung zur bestimmenden Größe. Vor allem in der Pflege spielt das Thema seit Jahren in der Öffentlichkeit eine große Rolle. Ein Unternehmen wirbt auch in der Sporthalle für die Ergreifung eines Pflegeberufs.
Unternehmen, die weiterhin erfolgreich sein wollen, kümmern sich verstärkt um das Personal. Negativ würde sich vor allem eine Abwanderung der jungen Leute auswirken. Nach einigen Stunden endet die Berufsmesse in der Sporthalle. Die jungen Frauen und Männer gehen mit neuen Eindrücken nach Hause, viele wird der Nachmittag noch lange beschäftigen oder sie vielleicht in ihrer künftigen Berufswahl bestärken. Andere überlegen sich vielleicht noch einmal, ob sie sich nicht für einen anderen Beruf interessieren sollten. Dann habe die Messe ihre Funktion für die Schüler voll erfüllt, meint die Sozialarbeiterin.

 

aus der Schönebecker Volksstimme vom 24.09.2018




Datenschutzerklärung